Home // Glossen // 4 Teide und ich
Der Besuch des Pico del Teide in 2006, inmitten des atemberaubenden Naturparkes sprach mein religiöses Naturempfinden in einer Weise an, die mich tief berührte. Die Stimme der Natur an diesem Ort war nicht nur ein genussvolles Naturerlebnis, es war ein Kunsterlebnis. Die Wirkung auf mich war epochal, meine Suche nach dem natürlichen in der Kunst war beendet. Hier war es, direkt vor mir. Hier wurde die Welt konstruiert, der göttliche Hauch wabert noch durch die Lüfte der Hochebene.
Und dann dieses Farbenspiel, feine Abstufungen unterschiedlichster Rottöne. So viele Schwarztöne hatte ich noch nie gesehen. Von einem freundlichen, hellen Schwarz über ein sehr sehr dunkles Anthrazit bis hin zu einem finsteren Nachtschwarz. Und erst die Brauntöne, von einem hellen Beige über ein schönes Hornhaut-Umbra bis hin zu einem kräftigen Kackbraun. Mit keinem weltlichen Pinsel und keinem Farbenkasten kann dies ein Künstler auf die Leinwand bannen.
Für diese Aufgabe ist ein göttlicher Pinsel vonnöten. Doch woher nehmen? Wie bekomme ich einen Pinsel, der uns die Welt verschönert? Es muss ein starker Pinsel sein, der lange durchhält. Oh Du schönste Gabe des Himmels, so soll denn der göttliche Strahl der Farbe aus dem Pinsel strömen. Oh geliebter Schatz, so nimm den Pinsel in die Hand, diese schöne Szene vorzubereiten. Mit heiligem Schauer und der lebhaftesten Begierde nähere ich mich deinem verehrungswürdigem Tempel.
Goethe hat ja schließlich auch die Religion in der Natur gefunden. Denn nur dort wirkt diese höchste Macht. Sie wirkt doch durch die beseelte Natur und kommuniziert auf diese Weise mit den Menschen.
Dummerweise war keine Staffelei und es war auch kein göttlicher Pinsel zur Hand. Die Digitalkamera musste genügen. Mir ist klar, dass solch schnöde Worte die stumme Sprache dieser herrlichen Landschaft verletzt und ihre Schönheit mindert.
Drauf geschissen, die Harmonie dieser totalen Landschaft musste eingefangen werden. Klick und gut, weiter geht's - wir haben doch keine Zeit.